Depeschen von der Dreierbande von Gerd Schuster

Ob dramatisch, trivial, spannend oder emotional: Erzählungen von und mit Katzen
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Depeschen von der Dreierbande von Gerd Schuster

Beitragvon shirkan » 06.08.2015 21:39

Depesche 102 Sitas Pfötchenspiel

Die meisten Katzen, die ich kenne, sind sehr eigen, was ihre Pfoten angeht. Sie sind in der Regel peinlich darauf bedacht, stets genügend Sicherheitsabstand zwischen ihren sensiblen Multifunktionsextremitäten und grabbelnden menschlichen Fingern zu halten, und jeder Dosenöffner kann sich glücklich schätzen, wenn ihm eine Mieze gestattet, kurz eine ihrer samtigen Tatzen zu halten. Männlichen Stubentigerpflegern fallen unweigerlich gewisse Paralellen zu ihrer ersten Verabredung mit der heißen Biene aus der Parallelklasse auf.

Doch obwohl er auf angenehme Weise mit nostalgischen Reminiszenzen unterfüttert ist, hinkt der Vergleich. Erstens spielt Schüchternheit keine Rolle, wenn ein Stubentiger seine Tatze einer Menschenhand entwindet. Zweitens erscheint ein Vergleich des schwitzigen Patschhändchens einer Zwölfjährigen mit einer edlen Katzenpranke nicht statthaft, und drittens stellt die feline Pfote die humane Hand weit in den Schatten, was Vielseitigkeit und Wehrhaftigkeit angeht. Denn Katzentatzen können nicht nur schleichen, tasten, federn, springen und sprinten, sondern dank eingebauter Steigeisen auch senkrechte Baumstämme erklettern, mittels eines Arsenals von Krummdolchen töten, das Gesicht waschen und das Haarkleid coiffieren.

Madame Sita, die hühnenhafte, auffallend wohlgenährte Anführerin der Dreierbande, lebt naturgemäß auf großem Fuß. Nimmt man eine ihrer XXL-Pranken vorsichtig in die Hand, löst man den gleichen Reflex aus wie bei den gewöhnlichen Bandidos: Höflich, aber bestimmt zieht sie ihr Bein zurück.

Legt man aber seine flächige Menschenhand zärtlich auf eine der rattenalptraumgroßen Vordertatzen, holt Madame diese unverzüglich hervor – und setzt sie mitten auf die freche Dosenöffnerpranke! Kommt man seiner »besetzten« Hand jetzt mit der freien Flosse zu Hilfe und überdeckt mit ihr erneut den Felidenfuß, reagiert die Katze wie gehabt: sie sorgt dafür, dass sie die Ober-Hand behält. Und führt man das weiter, ist man rasch mitten im schönsten »Pfötchen-Wechsle-Dich-Spiel«

Durch lautes Schnurren signalisiert Sita, dass es ihr Spaß bringt.


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Re: Depeschen von der Dreierbande von Gerd Schuster

Beitragvon hildchen » 12.08.2015 22:19

Morgen ist Donnerstag - ich freue mich schon auf die nächste Depesche! :s1969:
Mein einziger Vorsatz für 2020: Ich will mir nicht mehr alles gefallen lassen!

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Depeschen von der Dreierbande von Gerd Schuster

Beitragvon shirkan » 16.08.2015 23:37

o o o liebes Hildchen ...
Ich war eine Woche im Urlaub.
Depesche kommt ... JETZT.

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Depeschen von der Dreierbande von Gerd Schuster

Beitragvon shirkan » 16.08.2015 23:49

Depesche 103 Guter Service ist der halbe Genuss

Wenn der neue Tag graut – oder auch, wenn er bereits kräftig blaut – geht die Dreierbande schlafen. Meist bettet zuerst die Ehrenvorsitzende, das Frauchen, sein müdes Haupt in die weichen Kissen; dann folgt Sita, die alle Futterquellen rasch noch ein letztes Mal nach Rest-Krümeln abgegrast hat, und Shirkan, der sich von mir zwanzig Minuten lang bettschwer hat streicheln lassen.

Und Rani? Höre ich all die Depeschen-Leser fragen, die das lütte Grauchen besonders ins Herz geschlossen haben. Das »Mäuschen«, lautet die Antwort, sitzt in meinem Arbeitszimmer auf einem seiner quasi-geheimen Beobachtungsposten in den Bücherwänden, wo sein graues Fell mit den Schatten verschmilzt, und lauscht Sita und Shirkan hinterher. Sobald nämlich die beiden großen Katzen das Zimmer verlassen und irgendwo in Elkes Nähe das Reich der Träume betreten haben, beginnt Ranis Abend-Fiesta.

Ich habe es zunächst nicht wahr haben wollen, dass die beiden größeren Mit-Feliden unserem bildschönen Sensibelchen den Appetit so gründlich verderben können und angenommen, Rani zöge sich vom samstäglichen Hackfleisch-Schmaus zurück, dem allwöchentlichen Höhepunkt der Raubtiersinnlichkeit, weil ihr das durch den Wolf gedrehte Rindfleisch nicht schmecke. Aber es ist wohl eher die drängelnde Präsenz der körperlich überlegenen Katzenkonkurrenz, die dauernde Schubserei, die bösen Futterneid-Blicke und die geflüsterten Beschimpfungen (welcher erfahrene Katzenhalter würde sich wirklich wundern, wenn es so etwas gäbe?), die unser Nesthäkchen vertreiben.

Wenn die Luft rein ist, fliegt Rani auf meinen Schreibtisch und reibt ihr Köpfchen an meinen Fingern. Dann tische ich auf, was das Katzenherz begehrt – eine saftige Stange und zwei Sorten Leckerli; eine rustikal und sättigend, die andere delikat und leicht, eine Art Feingebäck in Kissenform. Schlingen und Gehetze sind pfui-pfui, und sehr bald tafelt mein Gast ruhig und entspannt.

Beim letzten trauten »Dinner for One« mit der kleinen Grauen Eminenz hatte ich eine Erleuchtung. Als ich das Glas mit den Mini-Kissen aufschraubte, fiel mir ein, wie ich diese Art Katzenkuchen früher verfüttert hatte. Ich hatte sie nicht als Appetit anregendes »Sahnehäubchen« auf die Normal-Brekkies im Schälchen gekippt, sondern einzeln auf der Beere meines Mittelfingers angereicht. Das junge Kätzchen hatte einen Mund wie ein O gemacht, ihn über meinen Finger gestülpt und das Leckerli weggeschnullert.

Ob Rani das immer noch konnte?

Jahre ohne Training sind verstrichen, und Ranis ganz spezielle Fresstechnik ist, so hat es den Anschein, ein wenig eingerostet. Es ist aber auch gut möglich, dass ich schuld bin, wenn es nicht mehr so geschmiert läuft wie früher; denn während ich vor meiner Erblindung Bestnoten als Katzen-Kellner verdiente, ist meine diesbezügliche Leistung heute nur noch als »mangelhaft« einzustufen. Was Wunder: Ich sehe bestenfalls dünne, total verwaschene und zu allem Überfluss zweidimensionale Schemen meines Leckerli-Servierfingers und der zu verpflegenden Mieze, und wo sich das Kisschen befindet, kann ich nur raten. Ich verlasse mich ganz auf die exzellenten Sinne der Kleinst-Tiger.

Voller Ungestüm stößt Rani die ersten drei oder vier Kissen von meinem Finger. Habe ich sie krumm und schief angereicht? Das »Mäuschen« verharrt einen Moment, scheint zu überlegen, gibt sich einen Ruck – und hat die Lösung. Drei Kisschen später ist es, als hätten wir nie pausiert.

Und zwar gleich in doppelter Hinsicht: Nachdem sechs oder sieben weitere Katzenbonbons die Seite gewechselt haben, entschlüpft Ranis Mund einer jener lustvoll in die Länge gezogenen Wonneseufzer, über die ich mich vor vielen Monden an dieser Stelle schon einmal gefreut habe (siehe Depesche 53, »Ranis Seufzer« in »Die Depeschen der Dreierbande«, Band I).

Dieses anrührende »Aaahhh!« habe ich lange nicht gehört, kommt mir zu Bewusstsein. Ganz bestimmt ist das zufriedene Stöhnen nicht erklungen, als unser Grauchen seine Kissen noch eigenmäulig aus seinem Napf sammeln musste!

Nun ist ja sattsam bekannt, dass die Güte des Service entscheidenden Einfluss auf die Bewertung beispielsweise eines Restaurantabendessens hat – aber gilt das auch für Katzen, die zuhause bei Herrchen oder Frauchen dinieren?

Da bei Stubentigern nichts unmöglich ist, würde ich mit »Ja« antworten.

PS.: Ein kleiner Test brachte folgendes Ergebnis: Bei fünf Fütterungen per Finger stöhnte das Grauchen drei Mal; bei fünf ansonsten identischen Verköstigungen per Porzellanschälchen aber kein einziges Mal.

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Depeschen von der Dreierbande von Gerd Schuster

Beitragvon shirkan » 20.08.2015 15:51

Depesche 104 Shirkan, der Ordnungshüter

Ich kann trotz mürbe machender Müdigkeit, bester Vorsätze und permanenter Gähnanfälle nicht schlafen. Also fröne ich, in höchstem Maße widerwillig, der Tätigkeit, bei der vom Schlummer schnöde Gemiedene gemeinhin Zuflucht suchen, wenn sie, wie ich, nicht einfach aufstehen und etwas lesen können.

Liebe Depeschen-Leser, ist Ihnen klar, was gemeint ist? Die rothaarige Dame in der ersten Reihe bitte!
Onanieren? Das beste Schlafmittel. Das ich kenne ...
(Verlegenes Hüsteln) Ona ... wie? Aber nein, gnä Frau, ich bitte Sie! Das ist unanständig und nicht jugendfrei!
Der Herr mit der Mütze!
Schäfchen zählen?
Das hilft meist leider nur im Verein mit einem bis drei Litern Bier! Außerdem sind die Schafe von heute immer seltener bereit, sich für die monotone Hüpferei herzugeben! Die hellblonde junge Dame hinten rechts!
Rotieren?
Jaaa! Endlich! (Applaus) Das ist das gesuchte Wort!

Ich wälze mich also pflichtschuldigst. Zuerst nach links, aber da schmerzt das beim vorletzten Sturz lädierte Knie. Dann nach rechts, doch da protestiert die von einem Chirurgen versaute rechte Hand.

Was verspricht Trost und Ablenkung, wenn man weder schlafen, noch lesen, noch sich wälzen kann? Jawohl: Radio hören!

Ich taste nach dem Radiowecker auf dem Nachttisch, fühle zwischen zwei Dutzend identisch geformter glatter Plastikknöpfe nach dem Einschaltknopf und drücke ihn. Heureka! Deutschlandradio Kultur erhebt seine Stimme und erzählt mir vom Generalhofkapellmeister des »Sonnenkönigs« Ludwig des IV., dem von mir hoch geschätzten Jean-Baptiste Lully.

Ich rücke dicht ans Radio und lausche zufrieden. Gut möglich, dass ich endlich einschlafe, wenn viel feierlich-schöne Barockmusik gespielt wird ...

Ein freches »Määäh!« ins linke Ohr und ein krallenbewehrter Tatzenhieb auf den rechten Handrücken reißen mich aus der Lully-Schwelgerei. Ein dicker Katzenschweif fährt mir, quasi als Zugabe, wie eine wahnsinnige Puderquaste kreuz und quer durchs Gesicht und lädt Unmengen loser Spinnwebenhaare auf Lippen, Nase, Stirn und Augen ab.

Shirkan, der strenge Radio-Oberinquisitor, schwingt wieder einmal seine Peitsche! Sein »Määäh!« bedeutet nichts anderes als den Befehl »Krach sofort abstellen!« Ich gehorche; denn ich glaube nicht, dass ich mit dem Kater erfolgversprechend über die Vorzüge Lullys diskutieren kann.

Der kätzische Beau zensiert meinen Audio-Konsum im Bett schon seit Jahren mit drakonischer Strenge; aber es ist mir immer noch nicht gelungen, zu klären, was seinen Missfallen erregt und warum. Ja, ich habe nicht einmal herausfinden können, ob er sich an Inhalt, Form oder Darbietung des jeweiligen verbotenen Hörstücks stört – mit anderen Worten: Ob er Bach nicht mag oder nur die Art und Weise, wie Karajan ihn dirigiert.

Oder ob er Fußballübertragungen aus der nationalen Bundesliga blockiert, die Champions League aber duldet, weil es sich um einen internationalen Wettbewerb handelt.

Oder ist alles nur feline Willkür beziehungsweise davon abhängig, ob der Kater gerade zu schlafen oder zu wachen geruhte?

Wie dem auch sei: Ich werde, fürchte ich, Shirkans inquisitorische Kriterien nie verstehen ...


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Depeschen von der Dreierbande von Gerd Schuster

Beitragvon shirkan » 27.08.2015 19:36

Depesche 105 Sita schnurrt

Bandenchefin Sita, unsere Größte was Körperfülle, Appetit und Intelligenz angeht, ist auf den Fußhocker meines Radio-Sessels gesprungen und tankt hingestreckt Streicheleinheiten. Um neben der Physis auch die Seele meines genussfreudigen Lieblings zu massieren, erzähle ich der Katzendame während der manuellen Therapie allerlei, wie ich hoffe, Nettes, Unterhaltsames und Aufbauendes.

Ich lobe sie, weil sie so schön und so klug ist, so gut wie alles versteht, was man ihr mitteilt, mich niemals aus dem Tiefschlaf reißt und des Öfteren ganz unkätzisch folgsam ist. (Man mag es kaum glauben, aber wenn ich bei der samstäglichen Rinderhack-Orgie mitten im hitzigsten Fleischerbeutungstaumel der Stubentiger sage »Jetzt ist Schluss!« geht sie sofort und ohne ein einziges Widerwort; Shirkan dagegen fällt über das restliche Hack her und versucht zu ergattern, was er noch ergattern kann !!!)

Ich preise die Leistung ihrer großen grünen Augen, der prägnanten Nase und der schweinchenfarbenen Lauscher und gebe meiner Trauer darüber Ausdruck, dass mich ohne Hörgerät selbst ihr donnerndes Schnurren nicht mehr erreicht.

Ich verwöhne jeden wohlgepolsterten Zentimeter von Sita, lasse keine Raffinesse aus, halte aber plötzlich inne. Mir ist ein beunruhigender Gedanke gekommen. Würde die in ihrem Handeln so konsequente Oberkatze, grüble ich, mich auch dann weiter an- und umschnurren, wenn sie wüsste, dass das anstrengende »Knarren« bei mir quasi auf taube Ohren fiele? Unvorsichtigerweise hatte ich ja selber gestanden, es ohne die Hilfe der Verstärkertechnik nicht mehr zu hören.

Besorgt lege ich eine Hand auf die Katze, um den Vibrationen nachzuspüren, die verraten, ob meine Dicke schnurrt. Doch da zittert nichts, und tiefe Enttäuschung packt mich. Früher, denke ich traurig, hat schon der Klang meiner Stimme aus dem Nebenzimmer sie zum Schnurren gebracht!

Ganz von allein legt sich meine Hand noch einmal auf mein vertrautes großes Tier - und dieses Mal wackelt und zittert alles! Sita schnurrt, so laut sie kann, quasi mit dreimal äußerster Kraft! »Du streichelst wundervoll, liebes Herrchen«, will sie mir damit sagen. »Hör bloß nicht auf!«

»Und denke nicht so ´n Schietkram!!!«

Wichtige Information: Jetzt habe ich nur noch eine Depesche in meinem Vorrat. Bitte mental auf Entzug vorbereiten! :?

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Depeschen von der Dreierbande von Gerd Schuster

Beitragvon shirkan » 04.09.2015 19:45

Depesche 106 Shirkans und meine blaugelben Schätzchen

Ich liebe Hornveilchen. Die kleinen Schätzchen sind so bescheiden in Form und Farbe, würden mit ihrer unprätentiösen Schönheit und ihren Duft aber die Königin von Saba in den Schatten stellen, sollte sie hier auftauchen. Ich habe in ihnen stets kleine, körperlich gerade voll erblühte Bauernmädchen in lila-gelbem Dirndl gesehen und mich über ein einziges Pflänzchen, das - von Vögeln gesät – in einem meiner Balkonkästen seine Blättchen reckte, mehr gefreut als etwa über einen an gleicher Stelle sprießenden Hortensienbusch.

Heute brachte Elke vom Einkaufen eine dicht an dicht mit meinen Lieblingsblumen bepflanzte Ampel – einen wie der Korb eines Heißluftballons an Schnüren suspendierten Hängetopf – mit nach Hause, und ich musste erkennen, dass ich nicht der einzige passionierte Hornveilchen-Aficionado im Haushalt war. Frauchen hatte die Ampel nämlich noch nicht vollständig auf dem Küchentisch abgesetzt, als mit leidenschaftlichen Freuden-»Mähs« Shirkan herangestürmt kam. Unser Beau mit den enzianblauen Herzensbrecheraugen hechtete auf die Tischplatte, füllte seine Katzenlungen mit dem wirklich umwerfend intensiven Blütenduft und begann, die Hornveilchen-Rundplantage zu umkreisen, dabei sein hübsches Näschen in jede einzelne Blume tauchend.

Er kreiste ein ums andere Mal und war dabei so unbeschreiblich verzückt und glücklich, dass ich seinen Rausch nur stumm und bewegt anschauen konnte.

Was Hornveilchen anbelangt, so trete ich hiermit ins zweite Glied der Fans zurück. Ich habe eingesehen, dass des Katers Liebe zu ihnen größer ist als die meine und werde Elke bitten, den nächsten Topf, den sie im Blumenladen sieht, Shirkan mitzubringen und nicht mir.

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Depeschen von der Dreierbande von Gerd Schuster

Beitragvon shirkan » 12.09.2015 21:13

Ebooks mit und über Katzen - wie es begann ... 8
von Michael Schneider

Tja, in Teil 7 formulierte ich als letztes: Wichtige Infos für das Loslegen als Ebook-Autor/in folgen noch.
Damals hatte ich noch die grandiose Idee, die zukünftigen Ebooks von Gerd bei »neobooks« zu veröffentlichen. Die Aufmachung, die Möglichkeiten, die Statistiken über den Verkauf ... erschienen mir weitaus besser als bei epubli. Also wollte ich unbedingt diesen neuen Verlag ausprobieren, Ihnen liebe Leser/innen davon erzählen und ggf. als bessere Alternative empfehlen.
»Geisterschiff« habe ich also dort herausgebracht. Dafür musste ich meinen gesamten Ebook-Arbeitsablauf, den ich mir vorher mit sechs Ebooks erarbeitet hatte, komplett umstellen: Andere Zeichenumfänge für den Inhalt, für die Kurzfassung, für die Autorenbeschreibung, andere Software ... und vor allen Dingen musste die Konvertierung in das Epub-Format allein von mir durchgeführt werden. Ungefähr 25 Versionen habe ich nach und nach hochgeladen und wieder verworfen, weil sie nicht so aussahen, wie ICH das wollte. Eine langwierige Prozedur! - Langweilig! - Nervig!
Zwar kostet das Konvertieren bei epubli 60 Euro, dauert auch ein bisschen länger bis alles fertig ist (ca. 2-3 Wochen), aber dafür machen das Profis und die Fehler bei Layout oder Umbruch werden auf meinen Wunsch hin korrigiert.
Ich erhoffte mir auch eine größere Breitenwirkung, aber die Besucherzahlen sind weit geringer als bei epubli. Also diese Idee – bleibt eine Idee, sie ist NICHT empfehlenswert. Also erscheint der zweite Band »Die Depeschen der Dreierbande« Nr. 61-120 wieder im bewährten Verlag, sobald die notwendige Depeschen-Zahl erreicht ist.

PS 1 Eine wahrhaft gute Nachricht für alle Fans: Demnächst gibt es wieder neue Folgen der „Depeschen der Dreierbande“.

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Re: Depeschen von der Dreierbande von Gerd Schuster

Beitragvon hildchen » 12.09.2015 21:55

:s1969:
Mein einziger Vorsatz für 2020: Ich will mir nicht mehr alles gefallen lassen!

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Beitragvon shirkan » 17.09.2015 13:11

Depesche 107 Kaffee für die Katz

Oft und lange habe ich in den letzten Jahren darüber nachgedacht, welche Meinung sich unsere dreimal klugen Katzen über das Essen ihrer Dosenöffner gebildet haben könnten. Mit Essen meine ich hier nicht das Verfahren der Nahrungsaufnahme, denn ich glaube nicht, dass die schlingenden und schmatzenden Stubentiger der schlingenden und schmatzenden Menschheit hier irgendetwas voraus haben, sondern allein die Art der Atzung.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass fast alle Katzen einen Großteil von dem, was Frauchen und Herrchen in sich hinein schaufeln, als absolut ungenießbar einstufen. Das unterscheidet sie, neben vielem anderem, von den Hunden, die alles für absolut genießbar ansehen. Unauslöschlich hat sich mir die Botschaft der großen grünen Augen von Sita eingeprägt, die am Esstisch auf dem Stuhl neben mir saß und beobachtete, wie ich Frikadellen, Sauerkraut und Kartoffelbrei verzehrte: »Wie kannst du nur diesen widerwärtigen MÜLL essen, und dann auch noch ganze BERGE von dem Zeug?!« fragten sie.

Die feline Ablehnungsfront ist eisern prinzipientreu, auch wenn immer wieder kätzische Geschmacksverirrungen- man erinnere sich an Sita und die Linsensuppe oder Shirkan und die Spargelschalen, die der schöne Kater jetzt schon im dritten Jahr in Folge knabbert – sie manchmal aufzuweichen scheinen.

Angesichts der kätzischen Neugier nur natürlich (und damit keine Widerlegung meiner These) ist der feline Probier-Reflex. Ein Beispiel: Die süße kleine Rani ist seit Jahren Zeuge, wie wir Zweibeiner nachts Espresso, unserem Einschlaftrunk, mit gespitzten Lippen in genüsslichen kleinen Schlucken schlürfen und dabei vor lauter Wonne die Augen verdrehen. Fasziniert robbt sie immer näher an die dickwandigen Tässchen heran, schreckt aber immer wieder vor der Hitze und dem fremdartigen Geruch der Flüssigkeit zurück.

Eines Tages aber stößt das Grauchen auf eine Tasse, die von dem stinkigen nassen Zeug befreit ist, aber mit einer ungefährlich erscheinenden Hinterlassenschaft desselben aufwartet – einem hochinteressanten braunen Schaumring! Mit ein paar schnellen Blicken in die Runde prüft »Mäuschen«, ob die Luft rein ist, dann schnellt die Zunge vor, und – schleckschleckschleck! - ist das Tasseninnenleben blank geputzt.

Mit Fug und Recht harren Sie, werter katzophiler Konsument meiner Depeschen, jetzt auf Nachricht, wie die Geschichte weitergeht. Möglicherweise fragen Sie sich, ob Rani, aufgeputscht durch das gänzlich ungewohnte Coffein, über die Stränge schlug oder schlaflos durch die Wohnung irrte.

Ich muss Sie enttäuschen beziehungsweise kann Sie beruhigen. Es passierte nichts, absolut nichts. Unsere Kleinste ließ nicht erkennen, dass das Erlebnis Espresso sie in irgend einer Art und Weise beeindruckt hatte.

Nur eine winzige Verhaltensänderung ist festzustellen: Wird jetzt der italienische Kaffee in den kleinen Tassen serviert, leuchten ihre goldenen Augen mit den grünen Rändern nicht mehr auf. Und das Entgegenrobben ist auch passe.

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Beitragvon shirkan » 25.09.2015 23:15

Depesche103_P1100174_Sita_meine_Dompteuse.jpg
Depesche 108 Sita, meine Dompteuse

Es hat einige Zeit gedauert, bis ich es gemerkt habe: Sita, die weise und wohlbeleibte Chefin der Dreierbande, dressiert - oder soll ich sagen domptiert – mich!

Es fällt deshalb schwer, das richtige Verb zu finden, weil das, was das Tätigkeitswort ausdrücken soll, in unserer Wertegesellschaft nicht so recht vorgesehen ist; denn bei uns ist die Sache einbahnstraßenklar geregelt: Der Mensch befehligt und schafft Tatsachen, das Tier gehorcht und erduldet. Er sperrt es in »zoologische Gärten« ein, die weder zoologisch sind noch Gärten genannt werden können, lässt es in Folterlabors Höllenqualen leiden, Minen suchen, um seiner Steaks, Schnitzel und Koteletts willen über die Klinge springen und hunderterlei oftmals sehr unschöne und ausbeuterische - wenn nicht gar tödliche - Dinge mehr.

Dass ein »Tier« einmal das Kommando führt, fällt in die von Christian Morgenstern geschaffene Ausschluss-Kategorie dass nicht sein kann, was nicht sein darf.

Natürlich spielten derlei satirische, historische, strategische oder tierrechtliche Überlegungen absolut keine Rolle, als unsere Oberkatze bei mir mit ihrer Dressur begann. Weil ich mir überhaupt nicht bewusst war was vor sich ging, kann ich leider den Zeitpunkt nicht benennen, an dem ich mich erstmals in Sitas feinmaschigem Netz verfing. Ich war der Überzeugung, mit der neunmal klugen Clanchefin ein Katzenkuchen-Fangspiel zu spielen, das ihre Fitness verbesserte und ansonsten an Harmlosigkeit nicht zu übertreffen war, und freute mich über die Begeisterung meiner Mitspielerin. Wenn diese Mieze glücklich ist, strahlt sie wie ein frisch polierter Kronleuchter beim Wiener Opernball, und es erwärmt einem das Herz.

Zwar habe ich vor einem oder einhundert Jahren an dieser Stelle beschrieben, wie dies Spiel funktioniert; ich habe jedoch vergessen, ob ich damals erwähnt habe, wer es erfunden hat – Sita oder ich. Schade! Es wäre gut gewesen, das jetzt zu wissen.

Eine kurze Einführung in das Spiel für neu hinzu Gekommene Depeschisten: In meinem »Radiosessel« sitzend, werfe ich Leckerli besonderer Güte als nahrhafte Kurzweil für Sita, die nur wenig mehr als einen halben Meter entfernt mit vor Jagdfieber glitzernden Smaragdaugen und wild peitschendem Schwanz lauert, hinter eine Möbelecke geduckt. Kommt die Beute geflogen, stürzt sie voll jugendlicher Energie aus ihrer Deckung und wirft sich auf ihr Opfer, prügelt es volley aus der Luft, sprintet dem wegfliegenden, -rollenden oder -rutschenden Bonbon hinterher und nagelt es mit einem dröhnenden Prankenhieb am Boden fest. Besonders geglückte Fangaktionen belohne ich mit einem »Bravo! Gut gemacht!« Indem ich das Tempo und die Richtung der fliegenden Happen variiere, kann ich ohne Mühe steuern, wie viel mein draller Liebling laufen muss.

Schön und gut, werden Sie sagen; aber wo bleibt die Dressur? Ich werd´s Ihnen sagen: Am Anfang ging das Fangspiel einmal täglich über die Bühne, meist abends, und es war nicht geplant, diesen Rhythmus zu ändern. Seit einiger Zeit wird jedoch dreimal täglich zur Jagd geblasen, und ich habe keine Ahnung, wie das eingerissen ist!

Wissen Sie jetzt, was mich umtreibt?

Ich habe eine Stunde lang auf dem Bett gelegen und nachgedacht. Zu folgendem Schluss bin ich gekommen: Sita hat mich dressiert, jawohl, und zwar mit Hilfe liebevollen Drucks. Wann immer ich mich in den roten Ohrensessel am Radio sinken ließ, eilte sie herbei und ging an ihrem Lauerplatz in Deckung. Nur noch ein Teil ihres schönen Gesichts mit den erwartungsvoll auf mich gerichteten Augen war noch zu sehen. »Super, dass du kommst.« sagten sie. »Da kannst du mir ja gleich ein paar Brekkies werfen! Ich freu mich schon ganz doll!«

Um ja nur rechtzeitig auf ihren Platz an der Möbelecke zu gelangen, begann Sita, das institutionalisierte, ja, beinahe heilige, feierliche Katzenstangen-Brechen vorzeitig zu verlassen, das zu mehr oder weniger festgelegten Zeiten an jedem Morgen und Abend in meinem Zimmer stattfindet und während dessen ich Sita und Rani (Shirkan verweigert Trockenfutter!) je vier Achtel einer Stange überreiche. Hatte sie ihre Leckerbissen verschlungen, nippte sie kurz an den Normal-Brekkies und sprang dann mit Getöse zu Boden. Der geräuschvolle Abgang sollte mich daran erinnern, dass sie ab sofort in ihrem Versteck saß und heransausender Katzenkuchen aus meiner Hand harrte.

Das Signal wirkte Wunder. Es war kaum verklungen, da regten sich meine Glieder ganz von allein. Wie ferngesteuert, stand ich auf, tappte zum roten Sessel, hockte mich hin – und griff nach Sitas spezieller Leckerli-Dose ...
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Beitragvon shirkan » 03.10.2015 18:28

Depesche104_Kampf_der_Koeniginnen_P1110824.jpg
Depesche 109 Kampf der Königinnen

Als die beiden Königinnen zufällig in unserer Küche zusammentrafen, brach sogleich ein Krieg aus. Die vierbeinige und vornehmlich am Boden lebende erste Queen warf der anderen Monarchin, die acht Beine, aber auch Flügel hatte und damit durch die Lüfte brummte, illegale Einreise vor und Verletzung ihrer territorialen Rechte. Als die Beklagte daraufhin nur abschätzig surrte, stürzte sich die erste Queen auf sie. Dem Angriff war jedoch kein Erfolg beschieden, weil die attackierende Hoheit sich zwar aus dem Stand bis auf sehr beachtliche einen Meter sechzig empor katapultierte, ihr royales Zielobjekt sich aber im nächsthöheren Luftkorridor in Sicherheit gebracht hatte.

So zog sich der Zwist eine ganze Weile hin. Er verlief nach dem stets gleichen Muster: Die auf ihre Rechte pochende Angreiferin schnellte bis in erstaunliche Höhen, aber die brummende Königin war immer einen guten Fuß höher als die springende.

Zwar entstand auf diese Art und Weise kein Schaden an Leib und Leben; beide Konfliktparteien verstießen jedoch durch ihr öffentliches Gezänk gegen dermaßen viele Bestimmungen der royalen Etikette, dass sie - hätte ein Magazin wie »Gala« den Zwischenfall aufgeschnappt – sich für längere Zeit international unmöglich gemacht hätten.

(Lauter, aber kaum verständlicher Zwischenruf) Ich bedanke mich für Ihre Wortmeldung, der vollschlanke Herr in der Lederhose dort ganz hinten auf den Stehplätzen. Damit alle Anwesenden über Ihre Einlassung informiert sind, darf ich diese kurz wiederholen: »Sakrament! Jetzt reichts aber mit der damischen Gehoamniskrämerei!« (Gelächter im Saal).

Es tut mir leid, werter Herr, dass die leichte textliche Verfremdung, mit der ich Ihren Spaß an meiner Depesche vergrößern wollte, Sie nicht amüsiert, sondern irritiert hat. Ich hatte gehofft, dass jedem Kind sofort klar sein würde, für wen die beiden Königinnen stehen. (Heftige Wortmeldung mehrerer Kinder).

Die vierbeinige Edeldame ist natürlich unsere Katze Rani. Die Aristokratisierung des Grauchens bot sich an, denn »Rani« (Abkürzung für Maharani) ist das Hindi-Wort für »Königin«. Gemahl der Rani ist der Raja, der als Maharaja (Großer König) auch bei uns bekannt ist.

Ranis Widersacherin war eine Bienenkönigin, die sich auf ihrer Suche nach einem guten Platz für die Ansiedelung eines neuen Immenvolkes in unsere Wohnung verirrt hatte. Gottlob bemerkte Frauchen Elke das Gehüpfe und das erzürnte Summen und griff ein. Die bremste die Jagdleidenschaft des sprunggewaltigen kleinen Grauchens, dessen Lebensweg die Gräber zahlloser Insekten säumen, fing die Königsbiene fachgerecht ein, trug sie auf einen Balkon und ließ sie dort davon surren.

Der kurze Konflikt der beiden Königinnen hat mich daran erinnert, welch gigantisches Glücksspiel dem Wachsen und Werden in der Natur zugrunde liegt. Da tritt eine große Biene, die Hunderte von Immeneiern in sich trägt, zum Duell gegen das Schicksal an.

Sie schlüpft aus ihrer Wabe, fliegt davon in eine ihr unbekannte Welt voller Feinde, wird von einer Drohne befruchtet, sucht sich, gelenkt nur von einer Handvoll archaischer Instinkte, die weder Städte oder Glasfenster noch Automobile kennen, in der großen Fremde ein Winterquartier, in den sie von Feinden, Frost und Nässe unbehelligt bleibt.

Geschieht das Unwahrscheinliche und sie überlebt den Winter, brummt sie im April wieder los und hofft darauf, dass ein gnädiger Zufall sie in der bienenfeindlichen Großstadt mit ihren versiegelten Glas- und Energiespar-Fassaden zu einem Plätzchen lenkt, das sich als Standort für ein neues Bienenvolk eignet.

Und dass ihr, sollte sie auf eine Katze stoßen, eine Elke hilft ...
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Beitragvon shirkan » 08.10.2015 11:36

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Depesche 110 Sita ist krank 1. Erste Diagnose

Der Tod hat seine knochige Hand nach Sita ausgestreckt, meiner süßen, unsagbar klugen, sinnenfrohen, lebenslustigen, drallen Lieblingskatze. Ein paar Tage habe ich nichts aufschreiben können, weil ich zwischen Entsetzen, Unglaube, Fassungslosigkeit, tränenreicher Trauer und freudiger Hoffnung hin und her schwankte wie das sprichwörtliche Schilfrohr im Wind. Jetzt will ich aber versuchen, meine Chronistenpflicht zu erfüllen.

Zuerst schien Sita beim lustigen Brekkie-Jagen, bei dem sie sich voller Begeisterung engagierte wie eh und je, ab und zu zu stolpern. Ich dachte mir nichts dabei, weil ich es für eine Folge von Gier oder Übereifer hielt. Elke sagte, Sita humpele, was beweise, dass die Katze alt werde - was ich als Sitas Fitnesstrainer für falsch hielt. Dann kam der Tag, an den das liebe Dickerchen auf den Küchentisch sprang und blutige Pfotenstapfen zurückließ.

Frauchen überredete Sita, ihre großen Samtpfoten herzuzeigen und stellte erschreckt fest, dass an der linken Tatze das zentrale »Bällchen«, eine der wunderbaren Federungs- und Schallschluckkugeln der Feliden-Fußsohle, völlig fehlte!

»Da ist nur rohes Fleisch!«, sagte Elke außer sich vor Entsetzen.

Hatte die Mieze, die sich erst unlängst die linke Wange aufgekratzt hatte, sich selbst verletzt? rätselten wir. War es denkbar, dass sich eine so kluge Katze wie unsere Sita so schlimm und so sinnlos verstümmelte? Litt das Tier plötzlich unter auto-aggressiven Anfällen? Der Tierarzt musste her, das war klar!

Elke fand im Internet eine junge Veterinärin, die ihre Patienten aufsucht, und machte einen Termin aus. Unter keinen Umständen wollte ich meinem kranken Schatz dem Stress, der Angst, der Panik und dem Horror des Einsperrens in den Transportkäfig, der Fahrt zur Praxis, des jämmerlichen Schlotterns in dem mit angstzitternden Tieren gefüllten Wartezimmer und der Untersuchung aussetzen.

Die Veterinärin sagte, es könne Krebs sein, gab auf meine entsetzte Intervention aber zu, dass es sich auch um eine Infektion handeln könne, die durch einen Fremdkörper verursacht worden war. Sie ließ ein Antibiotikum und Schmerzmittel für sieben Tage da. Es sei angeraten, erklärte sie, die Wunde in einer Woche in der Praxis unter Narkose auf Fremdkörper zu untersuchen sowie eine Gewebeprobe für die histologische Krebsdiagnose zu entnehmen. Auch eine Amputation der Pfote sei eine Option. Es gebe viele Katzen, die fröhlich auf drei Beinen lebten.

Damit ging die Ärztin, und wir blieben wie betäubt zurück.
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Khitomer
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Re: Depeschen von der Dreierbande von Gerd Schuster

Beitragvon Khitomer » 09.10.2015 16:56

Mir fehlen auch grad ein bisschen die Worte. Ich wünsche Sita gute Besserung und hoffe, dass das Antibiotikum anschlägt! Und ja, im schlimmsten Fall, es gab hier im Forum auch ein paar Dreibeinchen, die glücklich und zufrieden und ohne Probleme leben. Aber daran denken wir jetzt noch nicht.
Liebe Grüsse, Khito
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shirkan
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Depeschen von der Dreierbande von Gerd Schuster

Beitragvon shirkan » 16.10.2015 09:39

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Depesche 111 Sita ist krank 2. Zwei – drei Tage später

Elke versteckte die Pillen in großzügigen, weichen Stücken der leckersten Sorte aller Katzenstangen, und Sita, die ihren bacchischen Appetit nicht verloren hatte, riss sie ihr aus den Händen. Die Medikamente hatten eine erstaunliche Wirkung, denn unser großes Sorgenkätzchen war innerhalb weniger Tage fast wieder die alte Bandenchefin. Sie trippelte in dem ihr eigenen Stakkatostil durch die Wohnung, sprang wieder aus dem Stand auf meinen 1,10 m hohen Schreibtisch und ging wie immer zum Fang der fliegenden Katzenkuchen hinter ihrer Schrankecke in Deckung. Aber sie konnte die linke Vorderpfote nicht wie gewohnt belasten und schaute Leckerlis, die ich mit »altem« Tempo warf, nur traurig hinterher.

Ich gab die Schuld der Katzenstreu. Elke hatte erzählt, dass Sita nach Toilettenbenutzung die gewohnten Grabungen vollführte und die Wunde hinterher lückenlos mit Streusteinchen verklebt sei. Die entferne unser Dickerchen später beim Putzen mit seiner Zunge, weshalb die Verletzung nie zur Ruhe käme. Wenn man die kranke Tatze doch nur verbinden könne!!!

Ich hoffte weiter, dass sich dennoch eine Kruste bilden werde, unter der die Heilung vonstatten gehen könnte, da erzählte Elke, dass Sita ständig weiter blute. Sie habe eine ganze Rolle Haushaltspapier verbraucht, um viele dicke rote Tropfen aus dem Teppichboden im Flur zu entfernen! Auch die Oberfläche meines Fußhockers sei blutverschmiert.

Mir wurde übel vor Enttäuschung und Grauen. Wenn es sich so verhielt, hatte ich die betäubende Wirkung der Schmerztablette für den heilenden Effekt des Antibiotikums gehalten! Nichts hatte sich gebessert, und das arme Kätzchen blutete aus den vom Krebs zerfressenen Adern!

Ich würde meinem gutherzigen Schatz Narkose, Gewebeentnahme, Fremdkörpersuche und Amputation ersparen, beschloss ich. Wir würden verhindern, dass Sitas kostbares Katzenleben so kläglich und verloren in einem Taifun ärztlich angeratener, doch letztlich wirkungsloser (aber nichtsdestotrotz furchtbar quälender) medizinischer Maßnahmen unterging wie vor Kurzem das unseres Freundes E ...
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